- 94 - mell - einem Manne delegiert, als sie zu schwach waren, um sie selbst auszuüben. Aber sie haben ihm sozusagen nur die Phraseologie und die Exekutive des Staates überlassen. Die Legislative haben sie sich de facto stillschweigend v-orbehalten, und da ihre Gegner niedergeworfen sincl, zögern sie nicht, sie nach ihren Wünschen zu gestalten. Daß dabei mehr das Kapital als das Kleinbürgertum auf seine Rechnung kommt, ergibt sich daraus, daß das Kapital einmal besser organisiert ist, zum andern, daß es als die extremere Richtung über die stärkere Stoßkraft verfügt. In der diktatorischen Methode des Fascismus liegt seine Verwandtschaft mit dem andern großen Phänomen der Nachkriegszeit, mit dem Bolschewismus, eine Verwandtschaft, die übrigens ·auch die Führer des Fascismus offen zugeben. Man braucht sich nur vorzustellen, daß die italienische Kammer ebenso wie die russische· Duma ihre Waffen vor den Siegern nicht gestreckt hätte, um sofort zu begreifen, daß auch der Fascismus vor der Errichtung einer formalen Diktatur nicht zurückgeschreckt wäre und vielleicht bald nicht zurückschrecken wird. Aber mit dies-er Uebereinstimmung der Methoden ist die Aehnlichkeit auch zu Ende. Denn der Bolsche-- wismus ist die Diktatur einer Klass·e zur Durchführung der umfassenden sozialistischen Theorie. Der Fascismus ist die Diktatureines Mannes, der überhaupt keine Theorie hat und in der Praxis die alte Politik des Protektionismus fortsetzt. Der Bolschewismus will doch wenigstens die Gewalt nur als Mittel zur Freiheit benutzen. Mussolini dagegen erklärt, daß die Freiheit kein Zweck, sondern ein Mittel sei. Der Bolschewismus weiß und sagt immerhin, was er will. Der Fascismus hat noch niemals gesagt, was er eigentlich will, und in allem Tatsächlichen weiß er es selber nicht. Der Bolschewismus ist vielleicht auch nur ein Experiment, aber niemand kann bestreiten, daß er ein Experiment einer Idee ist. Der f ascismus ist nur das Experiment eines persönlichen Ehrgeizes. In der Vergangenheit, in der alles schon dagewesen ist, findet auch der Fascismus seine Parallele. Seine Geschichte ist schon geschrieben. Man kann sie in dem genialen Buche finden, in dem1 Karl Marx das Abenteuer des kleinen Napoleon geschildert hat Mussolini als Cäsar: das ist der Neffe als Onkel. Der Fascismus: das ist nichts anderes als der wiedererstaridene Bonapartismus. Die Worte, die Bonaparte am 31. Dezember 1851 an Baroche schrieb, hätte Mussolini nach seinem Wahlsieg wörtlich wiederholen können. Hier sind sie: ,,Frankreich hat auf den loyalen Appell, den ich an es gerichtet habe, geantwortet Es hat verstanden, daß ich die Legalität nur verlassen hatte, um zum Recht zurückzukehren. Mehr als sieben Millionen Stimmen haben mich freigesprochen; sie haben eine Handlung gerechtfertigt, die keinen andern Zweck hatte,..
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