- 76 - der nationalen Miliz in die Armee, deren nähere Modalitäten noch ·nicht bekannt sind, darf man wohl als aufrichtige Versuche daza ansehen. Aber .auch nach dem Marsch auf Rom wollte Muss,olinii den Squadrism:us beseitigen, ohne daß er damit Erfolg hatte. Die bereits seit langer Zeit latenten Gegensätze im Fascismus sind denn auch bei dieser Gelegenheit deutlich ichtbar geworden. Man kann sie in fünf Gruppen einteilen, obgleich die Anschauungen sehr durcheinandergehen und durch persönliche Differenzen noch mehr kompliziert werden. 1. Die Wilden (selvaggi) unter dem siebenundzwanzigjährig-en Farinacci, die filr den alten Squadrismus von 1920 sind. Sie haben republikanisch-syndikalistische N,eigungen, fordern jedoch strenge Ausnahmegesetze gegen die ,,subv,ersiven" Parteien, z. B. Todesstrafe und Verbannung fQr politische Verbrechen, Zens:ur der Presse usw. 2. Die Futuristen, die sich um den römischen „Impero" und seinen Direktor Carli grup~ pieren. Sie definieren den Fascismus als Schnelligkeit und Blitzartigkeit und treten für die absolute Monarchie oder eine Art Cäsarismus reJin. ·3. Die Reformisten, deren Führer Messimiliano Rocca bereits zum zw•eitenMal aus der Partei ausgeschlossen worden ist. Sie fordern die vollie Wiederherstellung der Verfassung und der Volksfreiheiten. 4. Die ehemaligen Nationalisten unter Führung Corradinis ·und Federzonis. Sie sind rein kapitalistisch orientiert und wünschen eine noch lebhaftere Bevorzugung des Kapitals. Ihre Zeitung, ,,Idea Nazionale", wird dabei von dem halbfascistischen „Nuovo Pa·ese" unterstützt. 5. Das Zentrum, d. h. Mussolini und die ganze engere Oligarchie, deren Motto : ,,Nur keine Theorien!" lautet. Alle diese Gegensätze reifen jedoch nur ganz im stillen, da den Parteimitgliedern öffentHche Diskussionen über konkrete Fragen fast stets untersagt werden. Was die Normalisierung anbelangt, wird man freilich sehr bald . eine mittlere Linie gefunden haben. Denn in Wirklichkeit dreht sich der ganze Streit überhaupt nur um die Frage: legaler oder illegaler Terror. Mussnlinis Blatt, der „Popolo d'ltalia", hat zwar g,egen „die Gewal,t bloß aus Sport" geschrieben, aber er fügte bald darauf hinzu: ,,Unter Normalisierung verstehen wir nicht die Wiederherstellung der blöden Freiheit der Vergangenheit." Mussolini denkt selbstverständlich nicht im entferntesten daran, der Opposition freien Spielraum zu gewähren; er will nur den Ras die Flügel ihrer Selbstherrlichkeit beschneiden. Der ganze Streit liegt durchaus innerhalb des Fascismus, es ist ein Streit um die Methoden der Unterdrückung, nicht um die Unterdrückung selbst. Ohne die wäre die fascistische Herrlichkeit bald vorüber. Als die Squadristen den Wahlsieg mit Angriffen auf sozialisti• sehe Zirkel in Mailand, auf katholische Organisationen in Brianza, mit der Vernichtung einer Ausgabe des „Corriere della Sera" und ähnlichen Festlichkeiten feierten, hat die Regierung zwar zum
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