Hanns-Erich Kaminski - Fascismus in Italien

- 61 geleitet ·hat. Das ist allerdings ein gefährliches Unternehmen, an dem sich der Fascismus sehr leicht die Finger verbrennen kann~ Denn die .Freimaurer sind eine politische Macht in Italien, die zwar keine konkreten Ziele verfolgt, aber stark genug ist, um so ziemlich alles verhindern zu können. Sie waren im vorigen J ahrhun,derli die eigentlichen Träger des Einheitsgedankens, und ohne ihre Zustimmung wäre die Teilnahme Italiens am Weltkriege kaum z:istande gekommen. Besonders. in Süditalien und in Sizilien, w,o•der F ascismus sowieso nicht viel Freunde hat, üben sie einen entscheidenden Einfluß· aus; ja man kann sagen, daß sie hier neben der Maffia die einzige •wirkliche Macht sind. Der Vatikan s·einers,eits läßt sich die fascistischen Annäherungsversuche selbstverständlich gern gefallen. Päpstliche Legaten nehmen an den meisten staatlichen Feiern teil, und als einer der fascistischen Führer eine Nichte des Kardinal-Dekans Vanutelli heiratete, apostrophi,erte dieser Macher dreier Papstwahlen in seiner Traurede Mussolini als den -,,Erne:.ierer der ·Größe Italiens". Wi~ weit die Bezi,ehungen zwischen den beiden Parteien bereits gediehen sind, konnte ·man an dem Besuch erkennen, den der königliche Kommissar, der zurzeit an der Spitze Roms steht - die Stadtver:- ordnetenversammlung ist aufgelöst -, dem Kardinal-Vikar machte und der von diesem ganz offiziell mit einer Ehreneskorte der päpst ichen Garde erwidert wurde, ein Vorgang, der um so bezeichnender war, als der königliche Kommissar Cr.emonesi zu den intimen Freunden Mussolinis zählt. Die Zeif.en, da Crispi einen ·römischen Bürgermeister wegen eines Besuchs im Vatikan kurzer .. hand absetzte, scheinen endgültig vorüber zu sein. Die fascistische Kirchenpolitik gehört schon zum guten Teil ·zu den Maßnahmen, mit denen die Diktatur ihre Macht z:t befestigen strebt. Hier arbeitet sie mit einer Entschlossenheit und Energie, die ich vorbildlich nennen möchte, wenn sie einer besseren Sache gelten würde, und hier hat sie auch wirkliche Erfolge er:- zielt, deren Dauerhaftigkeit freilich durch zu viele auß,erhalb ihres Einflusses liegende Umstände in Frage gestellt wird. Nicht weniger als ein halbes Hundert Präfekten fiel dem neuen Regime sofort zum Opfer, das die ohnehin schon ganz zentralistische Verwaltung des Landes auf die Spitze treibt. Die Kommunen mit sozialistischen oder fascistenfeindlichen Mehrheiten wurden aufgelöst, und von den 2000 revolutionären Gemeinden ist wohl keine mehr übriggeblieben. Bei den Neuwahlen zwangen die · • Fascisten die bürgerlichen Parteien zur Aufstellung gemeinsamer ,,antibolschewistischer" Ljsten, deren Erfolg unter dem Druck des Terrors selbstverständlich nirgends ausblieb. Alle wichtigen Stellen wurden mit Anhängern des Fascismus besetzt, und unter den mitt- :}eren und unter~n Beamten sorgt das Spitzelsystem der sindi.cati dj -- C()mpetenza dafür, daß jede unliebsame Regung unverzüglich unter-

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