- 51 - sein. Sicher bedingt die geistige Verwandtschaft auch Sympathien zu ähnlichen Richtungen, und der Fascismus, der sich noch keinen Augenblick um Log•ik gekümmert hat, wäre an sich vielleicht sogar imstande, eine Internationale der Nationalisten zu schaffen, wenn es ihm gerade nützlich sein würde. Aber erstens ist die Unsinnigkeit einer solchen Vereinigung mit dem Ziel, daß jeder über den andern schließlich herrschen möchte, denn doch zu handgreiflich, und zweitens ist die Lage keineswegs derart, daß der Fascismus Gewinne daraus ziehen könnte. Besonders die deutsch-österreichische Reaktion, die ihren Mittelpunkt in München hat, verfo!gt letzten Endes doch Ziele, die zu unterstützen Mussolini nicht kurzsichtig genug ist. Es kann dem Fascismus nicht verborgen bleiben, daß ein reaktionares Deutschland die italienischen Erwerbungen in Südtirol ständig bedrohen würde. Ebenso sind die pseudofascistischen Organisationen in Belgien, der Schweiz und der Tschechoslowakei für Italien zu gleichgültig, als daß der Fascismus ein besonderes Interesse an ihnen haben könnte. Die Liebe all dieser Parteien ist w-0hl mehr . einseitig, sie ahmen ein paar Phrasen nach und sagen im übrigen wie Philine: ,,Wenn ich dich, liebhabe, was geht's dich an!" Eher darf man schon von engeren Beziehungen zu den „Erwachenden Ungarn" Stefan Friedrichs sprechen. Offiziere der italienischen Militärmission haben bekanntlich einen ziemlich bedeutenden Anteil an dem reaktionären Umsturz in Budapest gehabt, und Belgrader Zeitungen haben· einen trotz aller Dementis sehr echt klingende:n Vertrag zwischen den Regierungen Horthys und Mussolinis veröffentlicht, in dem sie sich ihrer gegenseitigen Unterstützung im Falle· eines Konflikts versichern. Aber zu ernst braucht man auch das nicht zu nehmen. Ganz davon abgesehen, daß dieses Dokm;nen;t in Belgrad veröffent:icht ist, wäre eine aktive Unterstützung der ungarischen Revanchepolitik s,eitens Ita:iens ein großer Einsatz für einen schwachen Verbündeten. Und an der Aufrollung des ganzem mitteleuropäischen Prob:ems hat auch der Fascismius trotz seines Gegensatzes zu Jugoslaw·ien und obg!eich er nicht viel von den Friedensverträgen hält, vorläufig wenigstens nicht das geringste Interesse. · Ohne Zweifel besteht dagegen ein recht herzliches Verhältni~ zu den polnischen Sokols. Mussolini selbst ist vor seinem Au.f- ·stieg in Warschau gewesen, und der polnische Außenminister hat diesen Besuch im März 1923 erwidert. Der Austausch einer Anzahl politischer und kultureller Kommissionen zwischen den beiden Ländern und ein Kredit der Banca Commerciale an die polnische Tabakregie haben diese Freundschaft noch besonders unterstrichen. Es ist wohl möglich, daß dahinter, mindestens eine Zeit- • lang, der Plan eines italienisch-ungarisch-polnischen Blocks stand, der eines Tags recht gut eine Gefahr für den europäischen Frieden 4*
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