- 44 - sonders gegen ihren Führer richteten sich denn jetzt auch alle Angriffe und Drohungen des Fascismus. Die principi romani und die konservativen Klerikalen machten den Vatikan mobil, und tatsächlich gelang .es ihnen, den Heiligen Stuhl zu einer Neutralitätserklärung zu veranlassen, derzufolge kein. Priester sich mehr am politischen Leben beteiligen durfte. Sturzo blieb daher nichts anderes übrig, als den Posten des politischen Sekretärs s,einer Partei zu verlassen. In Wirklichkeit blieb er j,edoch der leitende K!opf, und es war ganz in seinem Sinn, als die Partei sich strikt gegen die Wahlvorlage aussprach. Da erklärte Mussolini, daß er die Abstimmung mit einem Vertrauensvotum über seine allgemeine P,olitik verbinde; wer gegen das Wahlgesetz sei, sei gegen die fascistische Regierung. So vor die Alternative gestellt, sich zu unterwerfen oder die Regierung formell zu stürzen und damit unabsehbare Konsequenz,en heraufzubeschwören, klafften die Popolari a:iseinandter. Ein beträchtl,icher Tdl ihrer Abgeordneten, darunter MatteoGentile, dter Direktor ihres Hauptorgans, des Corriere d'ltalia, stimmten für das Gesetz. Sie wurden dafür aus der Partei .aIUSgeschlossen. Aber MussoI.ini hatte sein Wahlunrecht. Man kann sagen, daß die .Kammer starb, wie s,ie gelebt hatte. Erst neun Monate später fanden die Neuwahlen statt. Inzwischen regierte der Fascismus ohne Parlament, durch Verordnungen, die die wichtigsten ebenso wie die unwichtigsten Probleme r,egelten, auch wenn ihre Dringlichkeit nicht gerade evident war. Wie über das Parlament, so setzt sich der fascistische Diktat,or jedoch auch über die Regierungsmitglieder hinweg. Die Kabinettssitzungen bestehen nur aus Monologen des Ministerpräsidenten, dessen ,:,Vorschläge" stets einstimmig urid beinahe ohne Diskussion angenommen werden. In Wahrheit regiert der Große Fascistenrat, der aus einigen Regierungsmitgliedern, den Parteiund Gewerkschaftsführern besteht und dessen Vorsitz Mussolini führt. Hier werden die Entscheidungen gefällt, die Gesetze beschlossen, die Aemter verteilt. Ministerium und Kammer sind nur die konstitutionellen Bekleidungsstücke dieses diktatorischen Wohlfahrtsausschuss,es. Diese Bedeutung ihrer Spitzenorganisation kennzeichnet die seit ihrem siegreichen Handstreich von Grund auf veränderte Stellung der fascistischen Partei. Sie ist keine Regierungspartei im Sinne des demokratischen Staates, deren Macht jeden Augenblick durch den Willen der Mehrheit zum ·Abtreten gezwungen werden kann und die durch die Notwendigkeit, sich einer ständigen Kritik auszusetzen, rur Anerkennung auch anderer Meinungen genotigt ist. Sie ist eine Regierungspartei, wie es die Jakobiner und die preußischen Konservativen waren und wie es die russischen Bolschewiki sind. Sie fühlt sich daher auch nicht als Partei unter Parteien, sondern sie glaubt der Staat selbst zu sein. Alle Anders-
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