Hanns-Erich Kaminski - Fascismus in Italien

- 10 -·• Freilich ist auch die Industrie nJ.cht sehr umfangreich. Im Jahre 1911 wurden im ganzen K,önigreich 243 926 Fabriken gezählt, di·e 2 304 438 Personen aller Kategorien beschäftigten. Immerhin ist klar, daß der Bedarf auch dieser schwachen Industrie an Roh- . stoffen die Erzeugnisse des Inlandes beträchtlich übersteigen muß. Die Landwirtschaft vermag die sich daraus notwendigerw-eise 'ergebenden Ausgaben nicht auszugleichen. Große Strecken wenig fruchtbaren Bodens :und eine meist noch recht zurückgebliebene Bewdrtschaftung habe:n· Italien ru kei.n,emAusfuhrland machen können, obgl1 ekh 92 Prozent. seines Territoriums der Land- und Forstwirtschaft unterliegen. · · Der- Außenhandel stellt sich nach der letzten Vorkriegsstatistik vom Jahre 1913 folgendermaßen dar (in ·Millionen Lire): Einfuhr 3658 Ausfuhr 2584 Defizit 41,6% Nach den Produkten (in Tausend Lire) i. J. 1912 Rohstoffe. . . . . Halbfertige Fabrikate . Einfuhr Ausfuhr . . . 1 384 138 349 786 . . . . 675 990 579 213 Total 2 060 128 928999 Fertigfabrikate . . . . . 858 822 743 962 723 966 Lebensmittel und lebendes Vieh . 782 972· Schließlich sei noch eine Zahl mitgeteilt, die beweist, daß dem defizitären Außenhandel keine bedeutende Kapitalanhäufung im Inland gegenübersteht: Im Jahre 1912· betrugen die Depositen in den Sparkassen jeder Art 5,~ Millionen, was 165,23 Lire auf den Kopf der Bevölkerung ausmachte. Ein wesentlicher Teil der Fabriken, Banken und Versicherungen arbeitet denn auch mit ausländischem Kapital. Besonders in Süditalien ist inländisches mobiles Kapital in nennenswertem Umfange nicht vorhanden. Erst im laufe des Krieges hat das Geld- und Kreditwesen hier einen größeren Aufschwung zu nehmen begonnen. Die natürliche Armut des Landes macht die Zunahme sejner' Bevölkerung zu einem ernsten Problem. Seltsamerweise ist diese Zunahme · sehr schwankend-. .Jn ständig.er Zunahme befindet sich dagegen die Auswanderung, das einzige Aushilfsmittel, um der relativen Uebervölkerung ru entgehen. Während von 1908 bis 1912 jährlich 601800 P,ersonen auswanderten, war die Zahl im Jahre 1913 auf 872 600 gestiegen 1Und ie Regierungen haben dieses mehr prak~ tische als im weiteren Sinne nützliche Aushilfsmittel stets um so unbedenklicher gefördert, als ihnen dadurch meist Arbeitslose, also Unzufriedene, vom Halse geschafft wurden. Diese wenigen Zahlen genügen, um den noch beinahe vorkapitalistischen Charakter Italiens darzutun, ~us dem sich die ver-

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