Hanns-Erich Kaminski - Fascismus in Italien

- l05 - Das ·En.de des Fasci-smus Die Tyrannei ist immer nur ein Koloß, auf tönernen Füßen, Die europäische Qeschichte, die soviel Freiheitskämpfer hervor'- . gt!bnieht, soviel Märtyr~rblut fließen , gesehen hat, müßt~ allen S(nn verloren haben, wenn ihr aufgektärt-estes Jahrhundert für läugere Zeit die Diktatur eines einzelnen in einem· großen Staate duld~a sollte. Das gilt ganz bes.anders für Italien_, dessen temp~ramentv,olle B<:völkerung immer bereit ist, die Erfahrungen ihrer zahlreichen Erhebungen in erneuern, und wo der tarpejische Fels sich -unmittelbar neben dem Kapitol befind~t. Der Fascismus erfüllt dazu keine der Voraussetzungen, die seiner Herrschaft einen dauerhaften Bestand sichern könnten. In der äußeren Politik hat sein Nationalismus 'bei den schwachen Kräften des Landes nur die Wahl, aussichtslose Schwärmerei z:t bleiben oder mit verbrecherischer Blindheit ins Unglück zu rennen. Und in der inneren Politik ist sein „Totalismus", der keine andern _Parteien anerkennen will, um so runmöglicher, als er sich a~f keine _oeutlichprofilierte Klasse stützt. Der Mittelstand, dieses molluskenhafte Gebilde, ist weder in seinen Interessen noch in seinen Oe-- fühlen einheitlich genug, um eine beständige Regierung unter-. mauern zu können. Der Fascismus konnte sich ~uf den Schultern des Kleinbürgertums an die Macht schwingen, als Kapital und Prol,etariat gleich schwach waren. Aber die Krise ist nicht der Normalzustand. Die beiden entscheidenden Klassen werden wieder stärker werden, und dann wird Mussolini seine Macht nach zwei Seiten zu ver~ teidigen haben. Und wenn nicht alle Anzeichen trügen, steht das Ende der Krise nahe bevor. In Amerika wird bereits wieder mit Hochdruck gearbeitet, in England nimmt die Zahl der Arbeitsl,osen langsam ab, Deutschland, Rußland und Polen haben die Inflationsperiode ziemlich übenvu~den, und auch in Italien zeigen die Statistiken der Preise, der Arbeitslosigkeit, der Auswanderung, der öff,entlichen Schulden und der Divi~enden eine sichtliche Bess-er:.ing. Schließlich werden über kurz oder lang auch die Probleme der deutschen Reparation, der interalliierten Schulden, Rußlands und des Orients, diese eminent wirtschaftlichen Probleme, die nur politische Farben tragen, endgültig gelöst werden müssen. Heute bereits hat der italienische Kapitalismus, wenn sich auch noch nicht völlig erholt, so doch seine schlechteste Zeit hinter sich, und die Ereigniss·e, die sich gegenwärtig auf dem politi'Schen Feld des Königreichs abspielen, sind in Wahrheit bereits der Kampf der Kapitalistenklass~ gegen die Personaldiktatur. 1\1a11 darf sich nicht dadurch täuschen lassen, daß das Kapital, dess·en Hauptorgane in diesem Feldzug der Mailänder „Corriere della Ser3"

RkJQdWJsaXNoZXIy MTExMDY2NQ==