- 96 - Organisationen gehen Poliz,ei und Justiz mit allen Mitteln der Staatsmacht vor. Während die Padovaner, die sich im wes,entlichen auf Campanien beschränken, ihrem ursprünglichen Republikanismus treu geblieben sind, denunzieren die Misuri und Corgini ihre alten Genossen als noch nicht genügend königstreu. In Wirklichkeit ist ihnen die Monarchie natürlich nicht weniger gleichgültig, aber sie hoffen mit diesem Trick die Armee und die liberale Bourgeoisie auf ihre Seite zu bringen. Das Programm ihrer Partei, die sich patria e libertd nennt, enthält unter anderm die folgenden Forderungen: ,,Freiheit des Individuums, Unverletzlichkeit der Wohnung, Pressefrieiheit, Unv,erlietzlichkeit des Eigentums, Koalitionsrecht." Kann es ein schärferes Urteil über die Diktatur geben als die Aufstellung dieser Forderungen, die man im Jahre 1789 als Menschenrechte verkündete, durch die Fascisten von gestern? Ferner hat der Fascismus auch in einer andern Gruppe sehit1 an Boden verloren. Die' Kriegsteilnehmer, die bis vor kurzem eine Art Reserve für ihn darstellt,en, verlassen immer zahlreicher ihre ursprüngliche Organisation, um sich der ,,ltalia libera" anzuschließen, an deren Spitze der Inhaber der goldenen Medaille•, Rossetti, steht. Bei den Wahlen der Kriegsteilnehmer sind in zahlreichen Orten die Kandidaten der neuen Gruppe gewählt worden„ die übergroße Zahl der Stimmenthaltung,en ist eine kaum weniger deutliche Demonstration gewesen, und die Tatsache, daß Rossetti bei der Sprengung einer sozialistischen Versammlung in Genua verletzt wurde, hat dem Ansehen des Fasdsmus unter den Kriegsteilnehmern weiteren Abbruch getan. · Bei dem sentimentalen Charakter, den das öffentliche Leben in Italien hat, darf man gerade den Einfluß der Kriegsteilnehmer nicht gering anschlagen, um so weniger, als die fascistische Propaganda seit Jahr und Tag für ihre Glorifizierung gesorgt hat ..... Die große Hoffnung der Exfascisten, der Kriegsteilnehmer und noch sehr vieler anderer Leute ist seltsamerweise Gabriele d' Annunzio. Die d' Annunzianer richteten schon im Jahre 1921 heftige Angriffe gegen die Fascisten, weil sie angeblich Giolittis Außenpolitik für das Versprechen, ihnen im Innern freie Hand zu lassen, unterstützt hätten. Man hörte dann nichts mehr von diesen Gegensätzen, bis die Regierung Mussolinis bei der Gründung der nationalen Miliz alle andern militärischen Organisationen auflöste, so daß den d' Annunzianern die G,elegenheit genommen wurde, das Vaterland retten zu helfen. Seitdem herrscht zwischen ihnen und der Regierung ein heimlicher und leidenschaftlicher Kampf, bei dem es schon wiederholt zu polizeilichen Maßnahmen gegen ehemalige Legionäre gekommen ist. Wieweit d' Annunzio persönlich hinter der Haltung seiner Anhänger - Politik kann man sie nicht nennen - steht, ist schwer zu sagen. Sicher ist er schwer enttäuscht, daß -
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